Mach mal was Anderes - »Schichtwechsel« für einen Tag
Am 10.10.2024 war es soweit. Mitarbeitende aus der Lewitz-Werkstätten gGmbH „tauschten“ ihren Job mit Mitarbeitenden der Stadt Ludwigslust.
Als die Lewitz-Werkstätten an die Verwaltung der Stadt Ludwigslust mit ihrer Idee zum Projekttag „Schichtwechsel“ herantraten, war die Reaktion erst etwas zwiegespalten. Einerseits waren die Kolleginnen und Kollegen gespannt auf das, was sie an diesem Tag erleben würden, andererseits gab es Unsicherheiten, ob die Mitarbeitenden aus den Lewitz-Werkstätten in unseren Arbeitsstätten so einfach integrierbar wären. „Das ist zunächst eine uns ganz bekannte Reaktion“ sagt Juliane Völkner, die den Standort Ludwigslust gemeinsam mit Stefan Wilde leitet. „Viele sind dann aber überrascht, wie gut sich die behinderten Menschen aus unseren Werkstätten auch in die Arbeitsprozesse auf dem 1. Arbeitsmarkt integrieren.“ Stefan Wilde, der am Standort Ludwigslust für die verschiedenen Produktionsstätten verantwortlich ist, weist darauf hin, dass in den Lewitz-Werkstätten ganz normale Aufträge aus der freien Wirtschaft abgearbeitet werden, die viel Handarbeit erfordern. „Wir übernehmen Aufträge, wie z.B. die Montage von Einzelteilen oder die Verpackung von Kleinteilen in Sets für regionale, aber auch für überregionale Unternehmen. Da muss natürlich auch die Qualität stimmen.“
Insgesamt 14 Menschen wechselten an diesem Tag in Ludwigslust ihren Arbeitsplatz, wenn auch nicht überall, wie geplant 1 zu 1. So arbeitete z.B. Lara Droste, die sonst in der Küche in den Ludwigsluster Lewitz-Werkstätten tätig ist, an diesem Tag in der Kita „Gillhoff“. Aufgeregt war Lara und auch nicht ganz sicher, ob sie den Alltag in einer Kita mit den Kindern meistern kann. Aber der Wunsch mit Kindern zu arbeiten, war schon lange da. So meisterte sie diesen Tag mit Bravour und unterstützte die Erzieherin Charlotte Woyke bei der Betreuung ihrer Kitagruppe. Schnell fand sie Zugang zu den Kindern und alle erlebten gemeinsam einen tollen Tag. Lara begleitete die Kinder beim Spielen auf dem Spielplatz und im Gruppenraum. Am liebsten hätten die Kinder sie gar nicht wieder hergegeben. Ähnlich ging es den Kindern aus der Kita Techentin. Dort war an diesem Tag Jens Petrat, der sonst in der Gärtnerei in Spornitz arbeitet, zur Unterstützung eingesetzt. Auch er wurde sogleich von den Kindern ins Herz geschlossen und half ihnen beim Basteln und Bauen mit Spielsteinen. Jens Petrat hat diesen Tag ebenso wie Lara Droste sichtlich genossen.
Auch das Rathaus bekam Unterstützung. Im Büro des Bürgermeisters war an diesem Tag Franziska Retzlaff und erledigte gemeinsam mit Yvonne Pohlmann die Aufgaben im Sekretariat des Bürgermeisters. Isabelle Kamm, die sonst im Fertigungsbereich in den Lewitz-Werkstätten tätig ist, schnupperte in die Aufgaben von Marius Göttsching im Kulturbereich. Beide erlebten spannende Einblicke in den Arbeitsalltag im Rathaus und konnten die Kolleginnen und Kollegen tatkräftig mit ihrem Wissen unterstützen.
Der Ordnungsbereich bekam an diesem Tag Hilfe von Christopher Matzke und Karl Paschek. Sie kontrollierten gemeinsam mit Ralf Holtmann-Reiter ob u.a. ob die Parkscheinautomaten funktionieren und die Verkehrsschilder noch in Ordnung sind, schauten aber auch nach Falschparkern. Nachmittags schauten beide Mitarbeiter, die auch ehrenamtlich im THW und in der Freiwilligen Feuerwehr tätig sind, dann noch in der Ludwigsluster Feuerwehr vorbei.
Der wirklich reale Tausch fand zwischen Mitarbeitern des Betriebshofes und Mitarbeitern der Lewitz-Werkstätten aus dem GaLa-Bau statt. Andy Hettig und André Bernhardt begleiteten die Kollegen des Betriebshofes beim Laub abfahren und bei Baumpflegearbeiten. Stellvertretender Betriebshofleiter Markus Wötzel und seine Kollegin Diana Mosinska fuhren mit den Kollegen aus den Lewitz-Werkstätten zu den verschiedenen Pflegeobjekte. „Es ist schon beeindruckend, wie viele Objekte die Lewitz-Werkstätten betreuen und wie professionell sie arbeiten“ war das Resümee der Beiden nach diesem Tag.
Ähnlich ging es den Damen und Herren aus dem Rathaus, die an diesem Tag in unterschiedlichen Arbeitsbereichen der Ludwigsluster Werkstätten aushalfen. Justiziarin Ulrike Müller war in der Montage eingesetzt. Die Abteilung verpackte derzeit Selbsttests für die Darmkrebsvorsorge. „Es ist schon erstaunlich, mit welcher Präzision und Schnelligkeit hier gearbeitet wird. Ich muss mich erstmal mit den Abläufen vertraut machen und auch die Fingerfertigkeit erlernen“ sagt sie. Ähnlich ging es dem Auszubildenden Fabian Kruse, der Bauteile zusammensteckte. Lisa Dobler, die sonst im Fachbereich Jugend und Soziales arbeitet und dort u.a. den Jugendrat betreut, wagte sich in die Schlosserei. Wenn auch im ersten Moment etwas Respekt vor den großen Maschinen da war, fühlte sie sich herzlich aufgenommen. „Die Kollegen hier sind wirklich nett und haben mir alles in Ruhe erklärt“ berichtet sie. „Ich war beeindruckt, wie in diesem Team alle Mitglieder ihren Stärken entsprechend eingesetzt werden und wie herzlich das Miteinander ist“ erzählt Doris Wendt, die im normalen Alltag im Büro des Bürgermeisters arbeitet und an diesem Tag tatkräftig in der Küche der Lewitz-Werkstätten half.
Das Resümee war durchweg positiv. Berührungsängste und Vorurteile wurden an diesem Tag auf beiden Seiten abgebaut. Alle Teilnehmenden empfanden diesen Tag als wertschätzend und lehrreich. Im anschließenden Austausch gab es einige Ideen, wie und in welchen Bereichen noch mehr für die Inklusion beeinträchtigter Menschen gesorgt werden kann. Der nächste Schichtwechsel wird am 25.09.2025 stattfinden und die Stadt Ludwigslust wird ganz sicher wieder dabei sein. Juliane Völkner und Stefan Wilde würden sich freuen, wenn noch mehr Unternehmen in Ludwigslust sich auf dieses Projekt einlassen und noch mehr Menschen über den Tellerrand des jeweils Anderen schauen. Es gehört nicht viel dazu, nur Neugierde und etwas Mut. Interessierte Unternehmen können sich gern schon jetzt telefonisch unter 03874 4225-41 bei den Lewitz-Werkstätten melden.